MV Agusta „Reparto corse“ ist das Werksteam des italienischen Fahrzeugbauers MV Agusta. Bei Rennen trat das Team anfangs schlicht als MV Agusta an, wurde aber (vor allem in der Presse) oft als „MV Agusta reparto corse“ (auf Deutsch: „MV Agusta Rennabteilung“) oder kurz „MV Corse“ (vom ital. „Rennen / Läufe“) bezeichnet, auch um es von den zahlreichen Privatfahrern, zum Beispiel in der italienischen Meisterschaft zu unterscheiden, die ebenfalls auf MV-Maschinen starteten. Seit 2021 tritt ein Nachfolgeteam erneut unter dem Namen MV Agusta Reparto Corse an.
Geschichte
Der italienische Flugzeughersteller Agusta hatte bereits nach dem Tod seines Gründers Graf Giovanni Agusta im Jahr 1927 mit der Herstellung von Motorrädern begonnen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Motorradproduktion 1945 als eigenständiges Unternehmen von seinem Sohn Domenico Agusta in Samarate unter dem Namen Meccanica Verghera Agusta (etwa „ Vergheraer mechanischer Betrieb Agusta“ – Verghera ist ein Ortsteil von Samarate) gegründet.
Domenico Agusta hatte schon immer eine große Leidenschaft für den Motorradrennsport und forcierte diese Entwicklung auch bei MV.
Unter der direkten Leitung von Agusta entwickelte das Unternehmen Wettbewerbsmotorräder, die Rennen und Meisterschaften gewannen. Domenico arbeitete oft zusammen mit seinen Mechanikern und Ingenieuren an den Rennmotorrädern. Der Name MV Agusta wurde 1948 populär, als Franco Bertoni in der 125-cm³-Klasse beim Großen Preis von Italien („Il Gran Premio delle Nazioni“) gewann. MV Agusta übernahm zu dieser Zeit den kommerziellen Slogan „Racing experience at the service of mass production“, sinngemäß etwa „Rennsporterfahrung im Dienste der Serienproduktion“. Agusta schlug hier einen ähnlichen Weg ein wie Enzo Ferrari, der die Erfolge auf der Strecke eng mit der Vermarktung der Modelle für die Straße verknüpfte und die Verkaufserlöse dieser Fahrzeuge wiederum in die Entwicklung der Rennmaschinen steckte.
Zum Ende der Saison 1957 verursachte der unter seiner italienischen Bezeichnung Patto di astensione bekanntgewordene Rückzug der italienischen Motorradhersteller Moto Guzzi, Gilera und F.B Mondial – beziehungsweise ihrer Werksrennställe – aus der Motorrad-Weltmeisterschaft eine beinahe erdrückende Dominanz von MV Agusta, die ab 1958 mehrere Jahre lang in allen Klassen (außer bei den Gespannen) sowohl den Fahrer-, als auch den Konstrukteurstitel holten.
Mitte bis Ende der 1970er Jahre bereitete die Strategie der „massiven Ausrichtung auf den Rennsport“ zunehmend Schwierigkeiten, und MV Agusta musste, nachdem zuerst das Werksteam aufgelöst worden war, auch die Produktion 1980 endgültig einstellen.
Insgesamt konnte MV Agusta 38 Fahrer- und 37 Konstrukteurs-Weltmeistertitel in der Motorrad-Weltmeisterschaft einfahren und dominierte fast 20 Jahre lang erst die kleinen und später vor allem die großen Hubraumklassen.
Auf die hier ungezählten Erfolge in der italienischen Meisterschaft und die zahlreichen Siege in nationalen Rennen wird in diesem Artikel nur am Rande Bezug genommen (weitere Informationen in den jeweiligen Fahrer- oder Motorradartikeln).
Gegenwart
Nach dem Neubeginn im Jahr 1992 wurde zuerst kein eigenes Werksteam aufgebaut.
Giovanni Castiglioni, Vorstandsvorsitzender und Präsident von MV Agusta, unterzeichnete für die Saison 2014 mit Alexander Yakhnich, Chef von Yakhnich Motorsport, eine Vereinbarung zur Gründung einer neuen MV Agusta Reparto Corse. Das Team wurde von Yakhnich Motorsport betrieben und nahm an der Supersport- bzw. Superbike-Weltmeisterschaft teil. Im Juni 2014 unterzeichneten Castiglioni und Yakhnich eine Vereinbarung, die vorsah, dass MV Agusta den gesamten Betrieb des Rennstalls übernimmt.
MV Agusta Reparto Corse schloss sich Ende 2017 mit dem Team Vamag zusammen, um sich auf die Supersport-Weltmeisterschaft 2018 vorzubereiten. Das Team war in dieser Saison als MV Agusta Reparto Corse von Vamag bekannt. MV Agusta Reparto Corse tritt in der Supersport-Weltmeisterschaft mit den Fahrern Marcel Schrötter und Bahattin Sofuoğlu an.
Fahrer (1948–1976)
Quellen: (wenn nicht anders angegeben).
Galerie (Fahrer)
Eine Auswahl an Fahrern, die für das ursprüngliche Werksteam von MV Agusta unter Vertrag standen.
Motorräder (1946–1976)
MV Agusta entwickelte eine Reihe von Motorrädern die rein für den Renneinsatz (Werksmaschinen), oder auch zur Entwicklung (Prototyp) eingesetzt wurden.
Quellen: (wenn nicht anders angegeben).
Galerie (Motorräder)
Eine Auswahl an Motorrädern, die von dem ursprüngliche Werksteam von MV Agusta eingesetzt wurden.
Übersicht Fahrer- und Konstrukteurs-Titel
Eine Übersicht über die Fahrer- und Konstrukteurstitel, die das Werksteam von MV Agusta bis zu seiner Auflösung 1976 erzielte.
Motorrad-Weltmeisterschaft
Insgesamt errang das Team 38 Fahrerweltmeisterschaften, 37 Konstrukteurstitel, und 274 GP-Siege.
Isle of Man TT
Die Isle of Man TT wurde in den verschiedenen Klassen 34 mal gewonnen.
Italienische Meisterschaft
Zusätzlich zu ihrem Auftritt in der Motorrad-Weltmeisterschaft setzte Reparto Corse seine Motorräder in unterschiedlichen Klassen auch in der italienischen Meisterschaft („Campionato Italiano Velocità“) ein. Die folgende Tabelle zeigt die Gewinner des CIV.
Übersicht Rennsiege
Motorrad-Weltmeisterschaft
In der Motorradweltmeisterschaft erzielte das Werksteam von MV Agusta insgesamt mehr als 3000 Podestplätze, davon 274 GP-Siege. Diese Resultate machen MV Agusta zu einem der siegreichsten Hersteller in der Geschichte der Motorrad-WM.
274 GP-Siege:
- 34 Siege in der Klasse 125 ccm: 24 durch Ubbiali, 3 Sandford, 2 Provini, 2 Taveri, 1 Graham, 1 Copeta, 1 Sala.
- 26 Siege in der Klasse 250 ccm: 13 Ubbiali, 6 Provini, 3 Hocking, 2 Taveri, 1 Lomas, 1 Hartle.
- 75 Siege in der Klasse 350 ccm: 48 Agostini, 15 Surtees, 6 Hocking, 4 Hailwood, 1 Bergamonti, 1 Hartle.
- 139 Siege in der Klasse 500 ccm: 61 Agostini, 29 Hailwood, 22 Surtees, 10 Read, 8 Hocking, 2 Graham, 2 Pagani, 1 Bonera, 1 Bergamonti, 1 Masetti, 1 Venturi, 1 Dale.
Supersport-Weltmeisterschaft
Sonstiges
Arturo Magni (* 24. September 1925 in Usmate Velate; † 2. Dezember 2015 in Samarate) war ab 1950 als Cheftechniker und Rennleiter maßgeblich an den Erfolgen des Reparto Corse beteiligt. Als sich MV Agusta im Jahr 1977 aus der Motorrad-Weltmeisterschaft, zurückzog, gründete er noch im gleichen Jahr zusammen mit seinen Söhnen die Werkstatt „Elaborazioni Magni“. Das Unternehmen stellte anfangs Spezialteile für Standard-MV-Agustas her. Der anspruchsvollste und von den Kunden am häufigsten gewünschte Umbau bestand darin, den schweren Kardanantrieb der MV Agusta 750 S durch einen sportlicheren Kettenantrieb zu ersetzen. Später konstruierte und baute er erste Rahmen aus Chrom-Molybdän-Stahl für dieses Modell.
Das Fahrwerk zeigte hervorragende dynamische Eigenschaften und veranlasste Magni ab 1980, sein erstes eigenes Motorrad, die MH1 (mit Honda-Motor) aufzulegen. Neben anderen Marken (Honda, BMW, Suzuki und zahlreichen Moto-Guzzi-Varianten) sind auch immer wieder eigenständige Modelle auf MV-Basis entstanden.
Das Modell Filo Rosso („roter Faden“) wurde erstmals 2014 auf der Mailänder EICMA-Messe gezeigt und hatte ein Jahr später seine Markteinführung. Die vollverkleidete Maschine verwendete den 800-cm³-Dreizylindermotor der MV Brutale in einem klassischen Magni-Doppelschleifenrahmen und wurde so gestaltet, dass sie den klassischen MV-GP-Dreizylindermaschinen ähnelte, die von Giacomo Agostini verwendet wurden.
Literatur
- Mario Colombo, Roberto Patrignani: MV Agusta. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2000, ISBN 3-613-01416-5.
Weblinks
- MV Agusta Museum 2017 Video-Walk durch das Museum. Unter anderem mit zahlreichen Detail-Aufnahem historischen Rennmaschinen. Auf YouTube. Abgerufen am 17. Juli 2021
- Alcune delle prime moto MV Agusta da competizione 125 a 2 tempi125 a 4 tempi MONOALBERO 125 a 4 tempi BIALBERO 500 a 4 tempi con 4 cilindri (Fachartikel mit zahlreichen historischen Bildern über die ersten Rennmotorräder von MV) italienisch.
Einzelnachweise




